1946 bis 1989

Die Nachkriegszeit

Im Gegensatz zu anderen Gebieten in Kreuzberg blieb der Südosten von Kriegszerstörungen weitgehend verschont. Im Gebiet um den Görlitzer Bahnhof traf es vor allem die Köpenicker Straße (Einflugschneise der Alliierten in die Innenstadt), die Wienerstraße sowie die Nordseite der Skalitzerstraße.
In den 50er und 60er Jahren beschränkte sich daher die Neubautätigkeit auf die Schließung einzelner Baulücken. An den Altbauten änderte sich indes nur wenig. Nach dem Krieg wurden viele größere Wohnungen wieder einmal so lange geteilt wie katastrophale Wohnungsnot herrschte.

Der Mauerbau

Durch den Bau der Mauer im August 1961 wurde dann aus dem ehemaligen City- Bezirk Kreuzberg ein Stadtrandbezirk. Die Bewohner verloren ihr einziges Naherholungsgebiet, den Treptower Park. Außerdem wurden die Köpenicker- und die Schlesische Straße zu Sackgassen. In der Folge mussten die Geschäfte in der Gegend um das Schlesische Tor nach und nach schließen. Grund dafür war, dass die Kundschaft aus dem Ostteil der Stadt durch die Schließung der Oberbaumbrücke ausblieb.

Stadterneuerung

1963 verkündete der Senat sein erstes Stadt- Erneuerungsprogramm .
Die Gegend rund um das Kottbusser Tor wurde zum Sanierungsgebiet erklärt, Teile der Fläche um den Görlitzer Bahnhof (Wrangelstraße) dagegen zum „Sanierungs- Erwartungsgebiet“. Das bedeutete unterm Strich nichts anderes als die Zurückstellung. Sanierung hieß damals „Kahlschlag- Sanierung“ –  also Abriss und Neubau mit dem Ergebnis, dass Hauseigentümer so wenig wie möglich in ihre Altbauten investierten. Die Häuser verfielen zunehmend. Gleichzeitig entstanden in den Berliner Außenbezirken große Neubaugebiete wie zum Beispiel das Märkische Viertel und die Gropiusstadt. Wer es sich leisten konnte, zog fort aus dem Wrangelkiez.
Hinzu kam, dass der Wegzug noch durch eine gigantische Straßenplanung begünstigt wurde. Diese sah vor, Kreuzberg mit einem Autobahn- und Schnellstraßennetz zu überziehen. Auch das Gebiet des Görlitzer Bahnhofs sollte der Autobahn geopfert werden. Diese Planung war noch bis ins Jahr 1988 rechtsgültig.

Die in den 50er Jahren geplante Autobahntrasse

Die in den 50er Jahren geplante Autobahntrasse

Zurück blieben die Alten und sozial benachteiligte Gruppen in den schlecht erhaltenen Altbauten des Kiezes. 1964 begann dann jedoch der Zuzug von Einwanderern, die vor allem aus der Türkei kamen. Sie waren die idealen Mieter für den Kiez, denn sie sollten ja nur vorübergehend in Deutschland bleiben. Man stellte sich vor, dass sie bis zur Räumung der Häuser Deutschland schon wieder verlassen hätten.
1970 hatte jeder 5. Kreuzberger einen ausländischen Pass.
Viele Hauseigentümer „entmieteten“ in den 70er Jahren ihre Häuser im Kiez und warteten oft Jahre (teils vergeblich) auf grünes Licht für den Abriss.

1979 begann eine Welle von Hausbesetzungen, die zum Ziel hatten, den Wohnungsbestand zu bewahren und zu sanieren. Sanierung war denn auch das zentrale Thema in den ausklingenden 70er und in den 80er Jahren.

Das Ende der Schlesischen Straße vor 1989

Das Ende der Schlesischen Straße vor 1989

 

Grenzübergang Oberbaumbrücke

Grenzübergang Oberbaumbrücke

Mauerfall

Am 09. November 1989 wurde – nicht nur, aber auch – im Wrangelkiez alles anders. Die Mauer öffnete sich und der Kiez war über Nacht wieder ein Stadtbezirk in der Mitte Berlins. Doch auf die anfängliche Begeisterung und Hoffnung auf den wirtschaftlichen Aufschwung folgte schnell Ernüchterung. Die Mietpreise stiegen zum Teil um mehr als 200 Prozent: Denn der Wrangelkiez war plötzlich „Berlin Mitte“.